15.11.2006

„Lebensträume“ Ein Fotoprojekt


Zwei Berliner beenden ihr Studium und entscheiden sich dafür, ein Jahr Berufserfahrung in Lateinamerika zu sammeln. Die erste Station sollte Chile sein. Ben arbeitet dort als Psychologe in einem Kinderheim in der Nähe von Santiago und ich absolviere ein Praktikum als Diplompolitologin bei der Friedrich Ebert Stiftung in Santiago.

Nach einem halben Jahr Einblick und Kampf mit der chilenischen Lebensweise wird das Interesse nach mehr Lateinamerika, nach anderen Einsichten, Ansichten und Träumen stärker. Wir entscheiden die Zelte in Santiago abzubrechen und uns auf den Weg über Bolivien nach Peru zu machen. Lima ist unsere Zielstadt. Lima- die ersten Gedanken: dreckig, laut, grau, arm. Wir suchen nach Organisationen, die Freiwilligenarbeit anbieten und die Entscheidung fällt schnell und zwar für das Instituto Mundo Libre. Uns begegnet dort ein Programm für Straßenkinder, die in ihrer Vergangenheit Drogen konsumiert, sowie familiäre und soziale Gewalt erlebt haben und hier in dem Programm die Chance auf Reintegration in die Gesellschaft sowie in ihre Familien und die Rehabilitation vom Drogenkonsum bekommen. Ben fängt seine Arbeit als Psychologe im Haus der Jungen an und ich entscheide mich im Haus der Mädchen mitzuhelfen.

Man trifft auf kleine Leben, die für ihr Alter schon zuviel erlebt und durchlebt haben und die mit sich und der Welt jeden Tag im Kampf stehen. Wir sind jedoch beeindruckt, wieviel System und Konzept das Institut hat und mit welcher Geduld das Personal dort arbeitet. Die Gruppen und Einzeltherapien werden schnell auch der Fokus unserer Arbeit sowie die Partizipation in kleinen workshops und Ausflügen mit den Kindern.

Bald schließen wir uns auch zweimal die Woche dem Straßenteam an, welches mit einem Kleinbus nachts ins Zentrum von Lima fährt und mit den dort arbeitenden und lebenden Kindern für einige Stunden spielt, zu ihnen Kontakt aufnimmt, ins Gespräch kommt und nach und nach die Option des Instituts nahe bringt. Oft erleben auch wir die frustrierenden Momente, Kinder aus dem Institut, die vor einigen Tagen abgehauen sind und das Programm abgebrochen haben, wieder nachts auf der Straße zu treffen, Drogen konsumierend oder sich prostituierend. Die schönen Momente sind jedoch kleine Erfolge mit den Kindern, wenn sie ihre Phasen schaffen oder man sie einfach spielend, lachend, albernd –eben wie Kinder- erlebt.....
In den Therapien geht es oft um die Realisierung ihrer Vergangenheit sowie ihren Gedanken, die sie in der Gegenwart beschäftigen. Die Zukunftsorientierung bleibt für viele schwer aber wichtig.

Wir entschieden uns, ein von Ben bereits in Deutschland erprobtes Projekt der Lebensträume mit den Kindern im Instituto Mundo Libre durchzuführen. Die Kinder wurden aufgefordert, im Rahmen der Gruppentherapien ihre Lebensträume zu malen, sie anschliessend der Gruppe vorzustellen, um sie dann zusammen mit ihren Bildern einzeln zu fotografieren. Das Ziel des Projektes ist es, eine positive Zukunftsorientierung der Kinder anzuregen und deren Selbstbewusstsein sowie kreative Entfaltung zu fördern.

Die Idee und unser Traum einer Fotoausstellung mit den Bildern war zunächst nur für Deutschland im Visier, jedoch ergab sich die Chance in der Kunsthochschule Limas auszustellen und das wurde sehr schnell in die Realität umgesetzt. Zur Eröffnung kamen die Kinder in ihre eigene Ausstellung und tanzten, spielten Musik und sahen, dass uns ihre Träume wichtig sind und sie in dieser Ausstellung die Hauptfiguren sind. Nach drei Wochen Ausstellungszeitraum in Lima bringen wir die Träume und das Thema „Straßenkinder“ nun nach Berlin.
Wir träumen davon mit dieser Ausstellung, den Betrachtern die Realität der Kinder und ihre Träume nahe bringen zu können und hoffen auch auf Spenden für die Unterstützung der wichtigen Arbeit des Instituto Mundo Libre.

Claudia Hasse
15. November 2006, Lima

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