31.10.2006

Von der Idee zu Träumen


Am Anfang
Im Grunde hat das Projekt seine Ursprünge im Jahr 1999 als im altmärkischen Kusey (Sachsen-Anhalt) anlässlich eines Familientages im Evangelischen Landjugendzentrum (elz!), Jugendliche einige Dorfbewohner zu ihren "Lebensträumen" befragten und diese anschließend portraitierten. Damals wurden die Fotos am darauffolgenden Tag in einer Open-Air-Ausstellung auf zwischen Bäume gespannten Tapetenrollen präsentiert. Später habe ich die Idee in Gruppen mit Zivildienstleistenden umgesetzt und es enstanden Diskussionen von jungen Männern über die Zukunft nach Abschluss ihres Friedensdienstes.

In Lateinamerika
Als ich im November 2005 für ein Jahr nach Lateinamerika ging, war noch nicht klar, dass diese Zeit am Ende in Peru in eine Fotoausstellung und einen Dokumentarfilm münden würde. Nach 8 Monaten in einem Kinderheim in Chile entschieden Claudia und ich nach Peru zu wechseln und dort in Lima andere Freiwilligenarbeit zu suchen. Ich erhielt auf Anfrage mehrere Einladungen von Organisationen und begann nach einem kurzen Vorstellungsgespräch unmittelbar meine Arbeit im Jungenheim des Straßenkinderprojekts vom Instituto Mundo Libre, Claudia dann einige Tage darauf im Heim für die Mädchen.

Die Idee
Bereits zuvor in Chile gab es in unseren Gesprächen den Einfall, Fotos von den uns umgebenden Menschen zu machen und nach einigen Wochen im IML flammte die Idee neu auf. Die Kinder zu portraitieren und dies in Verbindung mit dem Konzept der "Lebensträume" erschien uns optimal, da die Kinder einerseits kreative Gruppenarbeit gewohnt sind und andererseits das Thema Zukunft auch Teil der therapeutischen Intervention ist. Zudem könne man Ausstellungen in Deutschland realisieren, um das Institut bekannt zu machen und Spenden für die Arbeit zu sammeln. Von einem zusätzlichen Dokumentarfilm war erst später die Rede als uns klar wurde, dass die Stimme der Mitarbeiter, die täglich mit den Kindern zusammen sind, sehr wichtig ist, auch als Form von Anerkennung für ihre Arbeit.

Zum Projekt
Unsere Kollegen im IML waren schnell für die Idee zu gewinnen und wir erhielten viel Unterstützung, besonders von Seiten der Psychologinnen. Wir begannen in den therapeutischen Kleingruppen mit den Jungen. Von Beginn an stand fest, dass wir von einer Umsetzung mit den jüngst ins Programm aufgenommenen Kindern absehen würden, da es für sie noch schwierig sein könnte, positiv in Richtung Zukunft zu blicken. Selbst innerhalb unserer Gruppen tauchte verständlicherweise die Drogenthematik mehrfach auf und dies mit offenbar unterschiedlichem Grad an Bewältigung und Reflexionsfähigkeit der eigenen Erfahrungen. In einem Fall sollte sich leider die Zeichnung eines Jungen insofern als prognostisch erweisen, als dass wir ihn etwa 2 Wochen später bei der Präventionsarbeit auf der Straße wiedertrafen, er hatte das Institut verlassen und konsumierte auch wieder Drogen. Demgegenüber stehen die vielen positiven Zukunftsentwürfe, welche sehr oft durch Wünsche nach Geborgenheit und Sicherheit sowie Erfolg und Anerkennung gekennzeichnet sind. Ein besonderer Moment für die Kinder und wichtiger Bestandteil des Projekts war der Tag, an dem alle Kinder von uns eine Karte mit ihrem Foto als Dank geschenkt bekamen. Zudem ist es uns wichtig, dass alle portraitierten Kinder auch Teil der Ausstellung sind.

Die erste Ausstellung

Die Idee in Lima auszustellen, hatten wir anfangs nicht, also erst nachdem wir einige der Fotos als Beispiele im Großformat entwickelt hatten. Wir machten uns auf die Suche nach möglichen Präsentationsorten und hatten Glück im Centro Cultural de Bellas Artes, wo wir am 20. Oktober 2006 unsere erste Ausstellung eröffneten. Einige der Kinder waren gekommen, um Musik zu machen und Claudia sprach in ihrer Eröffnungsrede direkt zu den Kindern, dass dies ihr Abend sein solle, sie die Hauptdarsteller des Projektes sind und alle Gäste vor allem gekommen wären, um jetzt ihre Lebensträume zu sehen.

Ben Witte
31.10.06, Santiago de Chile

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